STARKE PROZESSOREN FÜR EMBEDDED-SYSTEME

Entwickler von Embedded-Systemen sind mehr denn je auf Standards und vorgefertigte Module angewiesen. Viel Zeit zum Entwickeln ist meist nicht. System-on-Modules leisten hierbei einen wichtigen Beitrag.

Mit der voranschreitenden Digitalisierung und der Zunahme von IoT-Anwendungen steigt ebenfalls die Bedeutung von System-on-Modules (SoMs). Die kostengünstigen Embedded-Computing-Bausteine bilden die Grundlage für individuelle Board- und Anwendungsentwicklungen, vor allem im Bereich der Human Machine Interfaces (HMIs), genauso wie in den Bereichen Automatisierung und Robotik, Medizintechnik, POS/POI und IoT. Dem Bedarf an einer weiteren Miniaturisierung und Leistungssteigerung steht der Wunsch nach optimierten Kosten und einer einfacheren Fertigung gegenüber. Vor diesem Hintergrund haben mehrere Hersteller, darunter Kontron, im Rahmen der Standardization Group for Embedded Technologies (SGET) einen neuen Standard für gelötete System-on-Modules entwickelt.

Das Ziel des „Open Standard Module“ (OSM) ist, die heutige Vielfalt an herstellerspezifischen Modulen hinsichtlich Baugrößen, Pin-Belegung, Schnittstellen, Kühlung sowie Verlustleistung zu normieren. Hierzu sieht der OSM-Standard vier aufeinander aufbauende Modulformate zum Skalieren von Funktion und I/Os vor. Die Abmessungen umfassen 15 x 30, 30 x 30, 45 x 30 und 45 x 45 mm. OSM ermöglicht das Entwickeln und Herstellen von System-on-Modules für die gängigsten Prozessorarchitekturen wie MCU32, Arm® und x86.

Der OSM-Standard ist für direkt auflötbare Module ohne Steckverbindungen ausgelegt, die sich vollständig maschinell fertigen lassen. Gegenüber den standardisierten Computer-on-Modules (COMs), die häufig einen gewissen mechanischen und manuellen Aufwand erfordern, lassen sich mit SoMs sowohl das Handling, als auch das Bestücken und Testen optimieren.

Leistungsstarker, kompakter Modulbaustein

Bei einem SoM handelt es sich in der Regel um einen kleinen, jedoch vollwertigen Industrierechner. Er integriert die relevanten Funktionseinheiten wie Mikroprozessor, Arbeitsspeicher (RAM und Flash) und Stromversorgung, teilweise sogar mit weiterem Funktionsumfang, auf einer kompakten Leiterplatte. Die physikalischen Konnektoren, über die der Anwender Peripheriegeräte anschließen kann, werden auf einem Träger-Board untergebracht. Das Kapseln der Kernfunktionen auf dem System-on-Module ermöglicht eine hohe Leistungsfähigkeit bei kompakten Abmessungen sowie günstiger Fertigung.

Ein SoM wird üblicherweise auf die Trägerplatine aufgelötet oder gesteckt. System-on-Modules von Kontron werden aufgelötet, womit die Stecker auf dem Modul und dem darunter liegenden Baseboard wegfallen. Entsprechende Kommunikationsschnittstellen sind über Kontakt-Pads an der Unterseite des Moduls angeschlossen.

Ein Vorteil von System-on-Modules ist die reduzierte Komplexität beim Lagenaufbau des Baseboards. Das schlägt sich in den Entwicklungs- und Stückkosten nieder. Von dem Kostenvorteil profitieren Anwender vor allem bei einer relativ großen Differenz in den Größen von SoM-Leiterplatte und Träger-Board. Ein SoM hat in der Regel eine 8- oder 10-lagige Leiterplatte in einer kleinen Größe. Sie lässt sich wiederum auf ein größeres, deutlich einfacheres und somit günstigeres Träger-Board mit einer geringeren Lagenzahl setzen.

Kürzere Entwicklungszeiten

Mithilfe von System-on-Modules mit leistungsstarken, neuen Prozessoren auf kleinem Raum ist es möglich, neue Produktgenerationen schneller in den Markt zu bringen. Sie vereinfachen das Entwickeln komplexer, kundenspezifischer Board-Architekturen und bilden so die Grundlage für individuelle Board-Designs.

Einer Eigenentwicklung eines kompletten Embedded Boards mit integrierter CPU steht in der Regel die hohe Komplexität verbunden mit den entsprechend langen Entwicklungszeiten entgegen. Bei Kontron erhält der Kunde ein fertig entwickeltes, vollständig betriebsbereites System-on-Module. Anspruchsvolle Design- und Layout-Aufgaben sind bereits gelöst, beispielsweise das Pin-Multiplexing oder das komplexe Routing beim Anschluss von DDR3 oder DDR4 RAMs.

Der Kunde kann auf eine erprobte Komponente zurückgreifen, die in jeglicher Hinsicht optimiert ist. Somit lässt sich das Entwicklungsrisiko minimieren und die Produkteinführungszeit deutlich verkürzen. Kontron übernimmt neben der Entwicklungsverantwortung ebenso die Produktpflege. Wird beispielsweise ein Speicherbaustein abgekündigt, ersetzt Kontron ihn automatisch. Die Langzeitverfügbarkeit der Module beträgt in der Regel mindestens zehn Jahre.

Baseboards entwickeln

Auf Basis eines SoMs können Unternehmen ihr eigenes Baseboard entwickeln. Bei Bedarf steht Kontron unterstützend zur Seite oder übernimmt alternativ die komplette Entwicklung. Baseboards von Kontron umfassen neben dem SoM ein Standard-Peripherie-Set mit einer Vielzahl von Schnittstellen, in der Regel USB, Ethernet, CAN, SD-Karten-, Display-, Touch- sowie Audio- und Programmierschnittstelle. Mit den Baseboards lassen sich ebenso in einem Proof-of-Concept Anwendungen erproben, um in einem nächsten Schritt über das Design des Boards und den passenden Prozessor zu entscheiden. Rechen- und Speicherleistung sind je nach Bedarf skalierbar.

Von Web-Panels bis hin zu IoT-Gateways

Dank der umfangreichen Schnittstellen eignen sich die System-on-Modules von Kontron für eine Vielzahl von Anwendungen in Industrie, Automation, Medizintechnik, POS/POI sowie für IoT und Industrie 4.0. In Kombination mit Displays und wahlweise mit Gehäuse lassen sich hochwertige HMI und Multitouch-Panels in unterschiedlichen Größen realisieren. Ein weiterer Schwerpunkt sind IoT-Gateways.

Ein Beispiel für den Einsatz von SoMs mit Displays sind Kaffeeautomaten mit Touchscreens. Kontron zeichnet hier für das Display, die Steuerelektronik, die Schnittstelle zu den Bezahlsystemen und das Datenlogging verantwortlich. Künftig wird noch eine Gateway-Funktion integriert sein, so können Betreiber von Kaffeeautomaten von den Vorteilen der Fernwartung profitieren. Somit sind Servicearbeiten beispielsweise nur noch bei tatsächlichem Bedarf auszuführen und nicht nach festgelegten Intervallen.

Eine weiteres Anwendungsfeld sind hochwertige Glas-Touch-Bedienfelder, die besonderen Umgebungsbedingungen ausgesetzt sind, wie etwa in Backstationen in Supermärkten oder bei Bäckereisystemen in Großbäckereien, wo hohe Temperaturen und Luftfeuchtigkeit sowie extreme Staubbelastung herrschen. Sowohl die Elektronik als auch die Software müssen speziell auf solche Bedingungen zugeschnitten sein. Kontron bringt die erforderliche Kompetenz mit, um die individuellen Kundenanforderungen abzubilden.

Die System-on-Modules von Kontron kommen zudem in Touch-Displays zum Einsatz, wie sie beispielsweise in Wasserhandling-Anlagen oder Entkalkungsgeräten in Privathaushalten genutzt werden. Ein Anbinden zum Unternehmens-Server und zum Smartphone ermöglicht es den Betreibern der Geräte, neue digitale Geschäftsmodelle zu initiieren, bei geringen Stückkosten für das SoM.

Das SoM SL i.MX8M Mini

Die SoMs von Kontron basieren auf modernen, leistungsfähigen Prozessorarchitekturen. Nachdem Kontron 2019 als einer der ersten Hersteller ein SoM mit dem STM32MP157-Prozessor von STMicroelectronics auf den Markt gebracht hat, ist jetzt mit dem SL i.MX8M Mini ein SoM mit dem Hochleistungs-Prozessor i.MX8M Mini von NXP verfügbar. Für beide Module bietet Kontron entsprechende Baseboards an. Zukünftige System-on-Modules werden auf Basis des neuen OSM-Standards entwickelt.

Das SoM SL i.MX8M Mini basiert auf Arm® Cortex®-A53 und Arm® Cortex®-M4 für Real-Time-Anwendungen beziehungsweise Steuerungs-Aufgaben sowie der Speichertechnologie LPDDR4. Für rechenintensive Anwendungen bietet das kompakte Modul höchste Leistung und anspruchsvolle 3D-Visualisierungen, und verfügt über umfangreiche Kommunikationsschnittstellen sowie ein modernes DSI-Interface als Display-Schnittstelle. Je nach Variante ist es mit bis zu 1,6 GHz getaktet. Verbunden mit dem Linux Board Support Package von Kontron und einer komplett konfigurierten Open Source Entwicklungsumgebung ist das SL i.MX8M Mini sofort einsetzbar. Um den Prozessor zu erproben, ist das System ebenso als Starter-Kit lieferbar. Als erstes SoM von Kontron bietet es zudem die Möglichkeit, alternativ zu einem Linux-Betriebssystem Microsoft Windows 10 IoT Core zu verwenden.

Open Standard Module (OSM)

Im Oktober 2019 haben Kontron, iesy und F&S Electronic Systems die Standardisierungsgruppe SDT.05 gegründet, um einen neuen Formfaktor für Auflötmodule zu definieren. Inzwischen sind 13 weitere Unternehmen an der Entwicklung des OSM-Standards beteiligt. Mit dem Release Candidate 1.2 konnten bereits im Februar 2020 Grundlagen für erste Produkt-Designs vorgestellt werden. Im Dezember 2020 wurde der Standard von der Standardization Group for Embedded Technologies (SGET) final verabschiedet.

Vorteile von System-on-Modules

  • Einfaches, günstiges Entwickeln von Embedded-Anwendungen mit individuellen Board-Designs
  • Anwendungen in Industrie, Automation, Medizintechnik, POS/POI, IoT und Industrie 4.0
  • Skalierbare Modulbauweise oder Baukastenprinzip
  • Minimiertes Design-Risiko und verkürzte Time-to-Market
  • Vollständig betriebsbereit mit Linux oder Microsoft Windows 10 IoT Core

Unterschied SoM – COM

SoMs beinhalten im Grunde alle Elemente eines Verarbeitungssystems und werden auf eine Trägerplatine gelötet oder gesteckt. Ein Computer-on-Module (COM) hingegen ist einem Single Board Computer (SBC) ähnlicher und ein kompletter Rechner. Es enthält auf einer Leiterplatte neben den Hauptbestandteilen wie CPU, RAM, Flash und Energieversorgung außerdem Schnittstellen für zugehörige Peripherie. Sie besitzen einen vordefinierten Standard und sind in der Regel auf ein Trägerboard zu montieren. COMs sind im Gegensatz zu SoMs bereits vollständige Computermodule, die ohne zusätzliche Geräte auskommen. Sie bieten eine hohe Flexibilität, da eine Vielzahl an Modulen mit diversen Prozessoren am Markt erhältlich ist.

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